Foto: C. Arnold

 

Wie der Vorstand des Freundeskreises der Kammeroper Rheinsberg mitteilte, starb am 27. August der Komponist und Festivalgründer Siegfried Matthus:

„Er ist im Beisein seiner Ehefrau Helga Matthus zuhause in Stolzenhagen (Barnim) nach längerer Krankheit friedlich eingeschlafen. Er wurde 87 Jahre alt.

Siegfried Matthus war Mitglied der Akademie der Künste Berlin, der Bayrischen Akademie der Schönen Künste München, des Präsidiums des Goethe Instituts und seit 1991 des Deutschen Komponistenverbandes. Zu seinem Lebenswerk gehört die Gründung des Internationalen Festivals „Kammeroper Schloss Rheinsberg“ im Jahr 1990, das er bis 2014 leitete. Die Stadt Rheinsberg ernannte ihn dafür zu ihrem Ehrenbürger. 1998 erhielt er den Preis des Verbandes der deutschen Kritiker mit der Begründung: „Siegfried Matthus gelingt das Kunststück, verbreiteten Hörgewohnheiten entgegenzukommen, ohne deshalb ins Kompromiss- oder Klischeehafte zu verfallen“. Weitere Auszeichnungen, so das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, würdigten sein künstlerisches Schaffen und kulturpolitisches Engagement.

Siegfried Matthus wurde am 13. April 1934 in Mallenuppen (ehem. Ostpreußen) geboren. Nach Vertreibung und Flucht fand die Familie in Brandenburg und Berlin eine neue Heimat. Er studierte an der Berliner Musikhochschule bei Rudolf Wagner-Regeny und Hanns Eisler. Freischaffend arbeitete er für den Rundfunk. 1964 holte Walter Felsenstein den jungen Komponisten an die Komische Oper Berlin. Die Zusammenarbeit mit Götz Friedrich, Harry Kupfer, Kurt Masur, Rolf Reuter und Joachim Herz prägte ihn. Legendär wurden die „Mitternachtsmessen“ – hitzige Debatten über Musikstile in Ost und West – die Matthus im Haus in der Behrenstraße initiierte. Bald fanden seine Kompositionen internationale Anerkennung. So das Orchesterwerk „Responso“, eine Antwort auf die Suche nach dem eigenen Stil. Uraufgeführt von der Dresdner Staatskapelle unter Leitung von Herbert Blomstedt nahm das Orchester dieses Werk mit auf Amerika-Tournee und führte es 1979 im Beisein des Komponisten vor der UNO in New York auf. Bis heute steht es wie das „Manhattan Concerto“, „Die Windsbraut“, das Paukenkonzert „Der Wald“ und viele weitere Kompositionen auf den Spielplänen der Orchester weltweit. Mit seiner Oper “Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ wurde 1985 die Dresdner Semperoper wieder eröffnet. Aufführungen in beiden Teilen Deutschlands, in den USA, in Italien, Österreich, Großbritannien, Russland folgten. Matthus war mit seiner Musik unterwegs in Europa, Amerika, Japan – als „deutscher Komponist, der in der DDR wohnt“, wie er selbst es nannte. Ebenfalls 1985 feierte die Oper „Judith“ Uraufführung an der Komischen Oper Berlin. Ein fundamentales Werk, von der Kritik in einem Atemzug mit „Salome“ und „Tosca“ genannt und über 20 Mal an der Komischen Oper aufgeführt. Die Akademie der Künste Berlin-Ost ernannte in jenem Jahr den Komponisten Siegfried Matthus zum Professor.

In der Zeit der politischen Wende nutzte er seine internationale Bekanntheit und die neuen Möglichkeiten, um im märkischen Rheinsberg eine Vision aus der Jugendzeit Wirklichkeit werden zu lassen. An der dortigen Oberschule hatte er 1952 das Abitur gemacht. Der kulturhistorische Ort mit dem Schloss der Preußenprinzen Heinrich und Friedrich, dem Heckentheater im Park, dem Schlosstheater, der idyllischen Landschaft war ihm Inspiration und entfachte den Gedanken, die Musen zurückzuholen. Das gelang 1990 mit der Gründung der Kammeroper Schloss Rheinsberg. Die besten jungen Sänger aus aller Welt bewarben sich alljährlich um die Teilnahme. So begannen Karrieren, die an die New Yorker MET, die Mailänder Scala nach Bayreuth oder Salzburg führten. Siegfried Matthus nannten sie gern ihren „Sängervater“. Die 1990er und 2000er Jahre waren für den Komponisten auch eine sehr produktive, schöpferische Zeit. Es entstanden weitere Opern, wie u.a. „Farinelli oder die Macht des Gesanges“, „Kronprinz Friedrich“ anlässlich der Einweihung des wiederaufgebauten Rheinsberger Schlosstheaters, „Cosima“ und zuletzt „Effi Briest“ – uraufgeführt am 21. Oktober 2019. Für die festliche Weihe der wiederaufgebauten Dresdner Frauenkirche komponierte er 2005 das „Te Deum“. Zahlreiche Werke für die menschliche Stimme, dem „empfindlichsten Instrument“, wie Matthus stets betonte, kamen in diesen Jahren ebenfalls zur Uraufführung.“

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.