Der Deutsche Komponistenverband und seine Fachgruppen, der CC Composers Club und der Deutsche Textdichterverband, haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme vor der ersten Lesung im Bundestag zum Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung und Beteiligung von Verlegern an den Ausschüttungen gemeinsamer Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlegern an Abgeordnete der Regierungsparteien gewandt und nochmals kritisch Stellung genommen zum Regierungsentwurf.

Abgeordnete der Opposition haben das Schreiben zur Kenntnis erhalten.

offener_brief

DKV – Bayreuther Str. 37 – 10787 Berlin

Deutscher Bundestag

Platz der Republik 1

11011 Berlin

                     

                                                                                                                                                                     06.09.2016

Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung

und

Beteiligung von Verlegern an den Ausschüttungen gemeinsamer Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlegern                                                                                              

Gemeinsame Stellungnahme des Deutschen Komponistenverbands (DKV) incl. seiner Fachgruppen DEFKOM (Dt. Filmkomponistenunion) und FEM (Fachgruppe E-Musik), des Deutschen Textdichterverbands (DTV) und des CC-Composers Club

Sehr geehrte/r Frau/ Herr …,

in der Stellungnahme der Komponisten des DKV v. 21.12.2015 zum Referentenentwurf (RefE) haben wir uns bereits bedankt für den längst überfälligen Vorstoß, „einen gerechten Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern“ zu schaffen. Mit diesem Versprechen der Regierungsparteien aus dem Koalitionsvertrag waren wir guter Hoffnung, dass sich im schwierigen Spannungsfeld zwischen kreativer Schöpfung und ihrer weltumspannenden kommerziellen Nutzung das zu Lasten der Autoren entstandene Missverhältnis durch gesetzliche Regulierung wieder korrigieren und eine vernünftige Balance herstellen lassen würde. Der Referentenentwurf hatte diese Hoffnung in vielen Teilen zumindest partiell weiter genährt, und umso entsetzter sind wir nun angesichts des aktuellen Regierungsentwurfs (RegE), der an einigen bedeutenden Stellen glatte Kehrtwendungen oder Streichungen zu Ungunsten der Kreativen offenbart.

Wir dürfen im Folgenden kursorisch unsere Hauptsorgen äußern, sowie zum Ende auch noch unsere gemeinsame Haltung bzgl. des ebenfalls sehr brisanten Themas Verlegerbeteiligung in Verwertungsgesellschaften darlegen.

Bewusst haben wir aufgrund der – sicher auch für die Politik – leider etwas unübersichtlichen Situation mit zahlreichen Genres und Spielarten von Autorenschaft und Nutzungsstrukturen für diese Stellungnahme zumindest um eine gemeinsame Position der im Bereich Musik tätigen Kreativen gerungen. Sicher haben wir in Detailfragen auch unterschiedliche Perspektiven und Interessen, diese haben wir aber für Ihre zukunftsbestimmende Entscheidungsfindung hier nun einmal zurückgestellt in der Hoffnung, damit Ihr wohlwollendes Gehör zu finden und unsere gemeinsam dargebrachten Bitten entsprechend gewichtig zu untermauern.

Angemessene Vergütung

Dieses Prinzip bildet unseres Erachtens den Kern des Urheberrechtsgedankens und sollte unter keinen Umständen gemäß den rein wirtschaftlich geprägten Interessen der Verwerter geschwächt werden.

Sehr präzise wurde im RefE eine Vergütung nur dann als angemessen angesehen, „wenn der Urheber für mehrfache Nutzungen desselben Werkes Anspruch auf jeweils gesonderte Vergütung hat“. Hier nun im RegE nur noch von „Häufigkeit“ der Nutzung zu sprechen und den zentralen obigen Kernsatz zu streichen, bedeutet für uns Musikautoren eine ganz empfindliche Schwächung, die unsere Position gegenüber Verwertern und Nutzern in Zukunft in allen urheberrechtlichen Belangen extrem verschlechtern wird. Bitte kehren Sie immer wieder gedanklich zum im digitalen Zeitalter mehr denn je für die Kulturschaffenden existenziellen Prinzip der Vergütung als Voraussetzung für nachhaltige, hochqualitative Schöpfung geistiger Inhalte zurück. Nur unter Berücksichtigung dieses Prinzips kann Kulturgut mittel- und langfristig auch als Gegenstand und Inhalt marktwirtschaftlicher Wertschöpfungsprozesse gedeihen und überleben.

Auskunftsanspruch und Rechenschaftspflicht

Leider wurde der Auskunftsanspruch im RegE wieder maßgeblich zu unseren Lasten reduziert. Wir schließen uns hier im Wesentlichen den Bedenken und Sorgen der Inititative Urheberrecht an (Stellungnahme v. 06.07.2016):

„In § 32d Abs. 1 RegE wird die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht auf den Vertragspartner beschränkt. In Abs. 2 RegE ist zudem der Ausschluss der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht in Fällen vorgesehen, in denen der Urheber einen lediglich untergeordneten Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat, bzw. der Gegenstand des Schutzes ein Computerprogramm ist und zudem dann, wenn die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist.“

Im Falle von beispielsweise durch Sender beauftragten Filmproduktionsfirmen bestünde nach dem RegE nahezu keine Möglichkeit mehr auf „Durchgriff“ auf deren Auftraggeber, die unsere Musiknutzung ja eigentlich in den Verträgen vorgeben.

IniUrhRecht: „Der RegE erschwert mit der Änderung in Abs. 1 gerade in den Fällen, in denen Urheber des Anspruchs in besonderer Weise bedürfen, die Erlangung von Informationen zur Überprüfung der Angemessenheit der Vergütung. Diese sind aber die Grundlage zur Geltendmachung von Nachforderungsansprüchen und auch von Ansprüchen, die sich aus § 32 a („Bestsellerparagraph“) ergeben.“

Sehr problematisch dürfte für uns auch der Ausschluss des Auskunftsanspruches und damit die Unmöglichkeit der „Reklamation“ im Falle sog. untergeordneter Beiträge zu „Produkten“ oder „Dienstleistungen“ werden: Wer legt fest, welche Rolle – Unterordnung? – unsere Musik beispielsweise bei einem singenden oder musizierenden Spielzeug spielt, ganz zu schweigen von den unvorstellbar vielen möglichen „Dienstleistungen“ mit Musik im digitalen Zeitalter. Hier sind wir bereits hinreichend „gebrannt als Kinder“ des YouTube-Zeitalters, Abhaken unserer Musik nicht als Kulturgut, sondern als wertloses, nicht zu vergütendes Gesäusel in der Darstellung der Milliarden-Geschäftsmodelle!

Verhältnismäßigkeit beim Auskunftsanspruch sei natürlich vernünftigerweise zugestanden, Musikautoren sind aus eigenem Interesse keine Nutzungsverhinderer.

Rückrufsrecht

Sehr bedenklich ist hier anstatt der eigentlich vernünftigen 5-Jahresregelung des RefE in Kombination mit der von uns favorisierten und angebotenen Möglichkeit der Aussetzung / Anpassung durch gemeinsame branchenverhandelte Vergütungsregelungen der neue Ansatz lt. RegE, nunmehr nur noch für Verwertungsverträge mit pauschaler Vergütung eine anderweitige Rechtvergabe nach 10 Jahren zu ermöglichen. Dies öffnet den „complete buyout“-Verträgen Tür und Tor und konterkariert damit das für uns überlebenswichtige Kernprinzip der angemessenen Vergütung z.B. bei Wiederholungen und Mehrfachnutzungen. Im Bereich der Musik könnten wir uns als Kompromiss zwischen Autoren und Verwertern auch eine feste 10-Jahresfrist vorstellen, aber gemäß dem Prinzip des Rückrufs gemäß RefE sowie mit der o. bez. Einschränkung durch gemeinsame Vergütungsregelungen oder Regelungen durch Verteilungspläne von Verwertungsgesellschaften. Auch hier hat die Initiative Urheberrecht aus unserer Sicht weitere sinnvolle und praxisnahe Vorschläge in ihrer Stellungnahme unterbreitet.

Gemeinsame Vergütungsregeln

Wir sind in diesem Punkt als Musikautoren (gemeinsam mit den Musikverlegern) durch unsere Verwertungsgesellschaft GEMA in der glücklichen Lage, durch unseren demokratisch und solidarisch über Jahrzehnte gestalteten Verteilungsplan sowie das mit unseren Nutzern verhandelte und staatlich beaufsichtigte Tarifsystem ein sehr gut funktionierendes Regelsystem anzuwenden und stets weiter zu entwickeln. Dies sind sozusagen unsere gemeinsamen Vergütungsregeln. Nichtsdestotrotz gibt es auch für uns noch einige Bereiche z.B. im Bereich der Musik zu fremdproduzierten Filmen oder Werbung sowie bei jeder Art von Kompositions-, Textierungs- und Produktionshonoraren, wo auch für uns eine Entlastung des wirtschaftlich stets schwächeren Autoren als „Einzelkämpfer“ durch gemeinsam und solidarisch auf Verbandsebene ausgehandelte Vergütungsregeln sehr hilfreich ist. Damit untrennbar verbunden ist das Instrument der Verbandsklage, das natürlich auch zur Durchsetzung bereits bestehender oder noch geltend zu machender Ansprüche gegeben sein muss.

Verlegerbeteiligung

Bedingt durch unsere lange gemeinsame Historie in der musikalischen Verwertungsgesellschaft GEMA stellen wir als Musikautoren fest, dass wir auch weiterhin eine gemeinschaftliche Wahrnehmung unserer Rechte mit den Verlegern „unter einem Dach“ angesichts insbesondere der rasanten digitalen Veränderungsprozesse („Disruption“) bei der Musiknutzung für angebracht und sinnvoll halten.

Wir schließen uns der Stellungnahme der GEMA bei der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 06.07.16 sowie dem entsprechenden Regelungsvorschlag des BMJV an und befürworten diesen ausdrücklich:

Einfügung eines neuen Absatzes 2 in § 27 des Verwertungsgesellschaftengesetzes,

VGG (Verteilung unabhängig davon möglich, wer das Recht zur gemeinsamen Verwertung eingebracht hat):

§ 27 VGG

Verteilungsplan

(1) Die Verwertungsgesellschaft stellt feste Regeln auf, die ein willkürliches Vorgehen bei der Verteilung der Einnahmen aus den Rechten ausschließen (Verteilungsplan).

(2) Eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte für Urheber und Verleger gemeinsam wahrnimmt, kann im Verteilungsplan regeln, dass die Einnahmen aus der Wahrnehmung von Rechten an verlegten Werken zwischen Urhebern und Verlegern unabhängig davon verteilt werden, wer die Rechte eingebracht hat.

Von zentraler Bedeutung ist ferner, dass die gemeinschaftliche Rechtewahrnehmung für Urheber und Verleger für die Berechtigten und ihre Verwertungsgesellschaften praktikabel bleibt. Problematisch ist insoweit, dass die vom Ministerium vorgeschlagene Ergänzung zu § 63a Abs. 2 UrhG-E eine Abtretung gesetzlicher Vergütungsansprüche erst ab der Veröffentlichung des Werkes zulässt. Diese Anknüpfung an den Veröffentlichungszeitpunkt wäre für die GEMA und ihre Mitglieder praktisch nicht realisierbar. Vielmehr sollte auf den Zeitpunkt der Schöpfung des Werkes oder seiner Anmeldung bei der Verwertungsgesellschaft abgestellt werden.

Zusätzlich bedarf es natürlich einer Regelung auf europäischer Ebene.

Wieder einmal ist Ihr persönliches Engagement als gewählter Volksvertreter für unsere Anliegen in Sachen Urheberrecht und Verlegerbeteiligung existenziell für uns Musikautoren und Musikverleger und bedeutet womöglich Rettung in letzter Minute. Wir hoffen darüber hinaus, dass Sie unsere naturgemäß eher schwache ökonomische Position als Künstler und Autoren im Umfeld der vielfältigen und sehr mächtigen Interessen von Verwertern und Nutzern beachten und entsprechend bei den anstehenden Beratungen zu den endgültigen gesetzlichen Regelungen berücksichtigen.

Und wiederum gilt es, unsere einzige Stärke zu schützen: unsere Werke … und das mit Hilfe Ihrer gesetzgeberischen Kompetenz und Besonnenheit. Dafür danken wir schon jetzt sehr herzlich.

Für Rückfragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen gern jederzeit zur Verfügung.

Mit besten, herzlichen Grüßen,

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Kontakt für Rückfragen:

DKV – Deutscher Komponistenverband e.V.
Sabine Begemann, Geschäftsführerin
Bayreuther Straße 37
10787 Berlin
Tel.: 030 / 84 31 05 80

Email: gro.dnabrevnetsinopmok@ofni